das Dunkle in mir

2. Februar 2021 at 02:14

Wieso sprechen selbst Leute wie Lee1 von „they“, von „den Anderen“, wenn sie „das Dunkle“ beschreiben? Das verstehe ich nicht! Vor allem jemand wie er muß doch wissen, daß das Dunkle ein integraler Bestandteil des gesamten Kuchens ist – daß jeder Mensch auch diese Anteile in sich trägt; und wenn es darum geht, das Duale in sich selbst zu transformieren man beide Teile/Richtungen gleichermaßen anerkennen muß, das Lichte wie das sogenannte Dunkle.

Was mich auch ein wenig stört ist, daß mittlerweile bei Diskussionen über Spiritualität das Duale quasi als etwas „nicht wünschenswertes“ angesehen wird. Auch muß man die Dualität nicht „heilen“! Es ist ein Erfahrungssystem – wie soll man es „heilen“? Es ist nichts „falsch“ an der Dualität oder daran, daß wir mit unseren Erfahrungen hierin eingebettet sind – es ist ein ganz spezifisches Lernsystem, ein Spannungsfeld, das Erkenntnisse hervorbringt. Solche Aussagen zeigen mir, daß es – meiner Wahrnehmung nach – nicht sein kann, daß jemand mit derlei Ansichten das Duale transformiert hat. Denn es ist alles nach wie vor brav aufgeteilt in ein moralisches Gut+Böse oder zumindest ein gefühlsmäßiges.

Tja, wie es aussieht, ist unser Moral-Konzept so tief verankert, daß dieser Punkt total übersehen wird. Wäre man transformiert, könnte man dies erkennen. Denn erst in einem transformierten Zustand wäre man in der Lage, den Balancepunkt auch als solchen wahrzunehmen. Dann würde man deutlich sehen, daß alles, was ich wahrnehme, Energien sind, ganz gleich, welche Attribute oder Empfindungen ich ihnen zuschreibe. Und Energie ist grundsätzlich „un-moralisch“! Sie wird gelenkt und erzeugt Spannungsfelder. Aber nur, wenn ich mich im Balance-Punkt befinde, kann ich in dieser Balance beide Seiten gleichermaßen betrachten, wie die Pole einer Batterie. Die Pole sind weder „gut“ noch „schlecht“ oder gar „böse“, es sind Energiezentren, in deren Spannungsfeld wir unsere Erfahrungen machen.

Was nach wie vor ebenfalls nicht gesehen wird, ist offensichtlich inwiefern wir mit unserer Zweitpersönlichkeit verwoben sind, mit unserem falschen Selbst. Nirgendwo wird dieser Punkt auch nur ansatzweise angesprochen oder diskutiert. Und das zeigt mir wiederum, daß dieser Aspekt überhaupt noch nicht wahrgenommen wurde. So fest sind wir immer noch verwurzelt in dem Blick auf uns selbst, halten das falsche Selbst nach wie vor für unsere Identität. Es ist ein ganz schön raffiniertes System, das genau darauf ausgelegt ist, zu verhindern, diesen Umstand oder diese Tatsache zu erkennen. Um dieses System zu entlarven und diesen Mechanismus zu Fall zu bringen, arbeiten buddhistisch ausgerichtete Lehren häufig mit Paradoxen. Das ist gleichfalls der Grund, weshalb all die aufgewachten LehrerInnen für genau denselben Zweck ihre SchülerInnen Erfahrungen machen lassen: um eine „paradoxe Wahrnehmung“ hervorzubringen. Denn ausschließlich unsere Zweitpersönlichkeit hadert mit der Dualität. Ausschließlich unsere dort verankerte Wahrnehmung von uns selbst, allem womit wir uns als Individuum identifizieren, erfährt das duale Spannungsfeld als etwas „Schwieriges“, als etwas „nicht wünschenswertes“.

Und hierbei führt uns natürlich unsere Interpretation, die ebenfalls in der Zweitpersönlichkeit verankert ist, bei dem, was wir durch das System der Zweitpersönlichkeit wahrnehmen, total in die Irre. Erst eine Person, die ihre Zweitpersönlichkeit transformiert hat und diesen Mechanismus erkennt, wird frei sein davon, das energetische Spannungsfeld mit Wertungen wie „gut“ oder „schlecht“ zu belegen. Erst in jenem Balancepunkt, in dem Augenblick der Transformation wird Energie erkannt als das, was sie ist: ein Spannungsfeld für Erfahrungen; nicht aber ein Konglomerat aus Bedürftig- oder Befindlichkeiten.

Energie, ganz gleich ob „positiv“ oder „negativ“ geladen, ist stets neutral. Auch deshalb heißt es in entsprechenden Transformationslehren: „kein Lob – kein Tadel“, denn es geht hierbei niemals um Befindlichkeiten !!! Deshalb heißt es gleichfalls: „Laß die Emotionen durch dich hindurchfließen“, ebenfalls als freien Energiestrom. Denn erst unsere Interpretationen eines Energieflusses oder irgendwelcher Gefühlsregungen bewerten diesen. Und das gilt gleichermaßen für „Positives“ wie „Negatives“. Wenn ich immer nur darauf aus bin, nette Gefühle haben zu wollen, bin ich daher auf dem Holzweg. Denn dadurch verstärke ich einen der beiden Pole, ignoriere den anderen Pol (bestenfalls) oder lehne diesen sogar ab. Wie balanciert soll das dann sein?!

Wenn wir das nicht lernen, wenn wir nicht begreifen, daß Energie lediglich eine Strömung ist, solange wir nicht willens oder in der Lage sind, „das Dunkle“ genauso anzuerkennen wie das Lichte, ist es auch nicht möglich, diese Transformation zu vollziehen! Im Kern liegt hier die Erkenntnis über die Mechanismen der Zweitpersönlichkeit. Diese Erkenntnis erhalte ich aber eben nicht, solange ich einen der beiden Pole favorisiere. Gefühle, so wie wir sie definieren, sind Interpretationen unserer Zweitpersönlichkeit, sie haben nichts mit dem energetischen Seinszustand zu tun, der als Basis unter allem liegt. Der ausschließliche Fokus auf als „positiv“ Interpretiertes kann von daher unmöglich die gewünschte Transformation herbeiführen, denn wir bleiben damit nach wie vor im ego-basierten Fokus und dem Interpretationssystem der Zweitpersönlichkeit verhaftet.

Aaargh, wieso regt mich das so auf?! Weil ich hieran sehen kann, wie Leute, die doch ein wenig begriffen haben von diesen Dingen, nach wie vor es im Kern eben auch nicht begriffen haben. Es ist deren Weg und deren Entwicklung. Und die Ideen und Gedanken sind vielleicht „zuträglicher“ als ein „Auge um Auge“. Aber ich sträube mich dagegen, über all unser Erleben, über all unsere Erfahrungsmöglichkeiten, diesen Zuckerguß zu gießen. Denn dies ist ein Training in eine erneute Un-Balance, die anstatt aufs Negative aufs Positive gerichtet ist. Das Harsche, die Auseinandersetzungen werden hierdurch ausgeblendet und negiert, denn man möchte nur noch in „kuscheligen Gefühlen“ schwelgen. Ich habe nichts gegen „kuschelige Gefühle“, solange man weiß, daß auch dies nur ein vorübergehender momentaner Ausdruck ist, solange man im Fließen bleibt. Dies ist eine Erkenntnis, die mit der Transformation einhergeht: Energie ist immer neutral, ganz gleich, wie ich ein Erlebnis im Moment empfinden mag.

Und wenn doch ebenfalls all diese Leute wissen, daß die wahrgenommene Welt ein Spiegel meiner eigenen Energien und Wahrnehmungen ist, die ich selbst aussende, wie können sie hergehen und einen „Kreuzzug“ gegen den „negativen Pol“ führen?! Transformation wird im Kern erst stattfinden, wenn ich beide Teile gleichermaßen in mir anerkennen kann, vorher nicht. Und deshalb macht mich das so kirre, weil dieser Punkt total ignoriert wird bei so vielen.

Auch hier wieder die buddhistischen Lehren: „Laß los“! Laß los von den Anhaftungen, von dem ausgeprägten Bedürfnis, alles in Befindlichkeiten aufzuteilen und dem Wunsch, sich „immer nur gut fühlen“ zu wollen. Ist die innere Tür zur Neutralität, zur wertfreien Energie geöffnet, so wehen all diese Empfindungen frei durch uns hindurch. Da gibt es kein Anhaften oder Interpretieren, da gibt es keine Moral!, kein „Gut“ oder „Böse“.

(Spax  2.2.21)


Siehe ergänzend folgende Beiträge für die Aspekte…

  Dualität: Ich nehme wahr und: bin
  Suche nach dem Glücklichsein: Nüchternheit oder Glückseligkeit? | Einhörnchen
  Moral: Moral !
  falsche Identität: Gedanken-Schraubstock | Zweitpersönlichkeit (Lexikon)

 

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Fußnoten

  1. Lee Harris: February 2021 Energy Update: Manifestation 8.0, Time line shifts, Emotional Release. (01.02.2021)