richtig verdrahtet
Meine scharfäugige nüchterne Persönlichkeit steht immer einen Schritt hinter mir. Es ist immer das Gefühl des Beobachters, das ich habe, wenn ich „Dinge erledige“ – ganz gleich, ob Pflicht oder Spaß. Das ist sehr gut zu wissen. Mein innerer Beobachter ist ein innerer Botschafter oder Bote, denn mein innerer Beobachter übersetzt meine Impulse in Worte und gibt sie als Idee weiter, so wie vorhin: „Wäsche waschen“, und ich dann antworte „ja, mach ich, wenn ich jetzt schonmal dran denke“. Ganz deutlich ist das jedesmal eine innere Kommunikation, die stattfindet zwischen meinem inneren Beobachter und meinem Tagesbewußtsein. Doch beides bin ja „ich“ – welcher Stimme „sollte“ ich folgen? Genau so, wie ich es vor ein paar Tagen auch geschrieben habe: folge dem inneren Beobachter.
Das schöne daran ist, daß es mir leicht fällt, die Aufgaben zu erledigen oder den Impulsen zu folgen, wenn ich innerlich mit der Position des Beobachters verbunden bin. Es ist ein ganz anderes Empfinden als wenn ich mich in meinem Tagesbewußtsein dazu überrede oder zwinge, etwas zu tun, denn all die Diskussionen darüber, ob ich etwas tue, tun „sollte“ oder „müßte“, sind der Widerstand, den ich spüre. Handele ich jedoch von der Position meines inneren Beobachters aus, so spüre ich den Widerstand nicht, da ich hierdurch diese ewige Diskussion unterbinde, die sonst üblicherweise eintritt: „Hab ich jetzt Lust dazu, dies zu tun, diesem Impuls zu folgen?“, „Paßt diese Tätigkeit in meinen Tagesablauf, den ich mir bereits vorgenommen habe?“ All dies entfällt, wenn ich einfach dem Impuls folge, wenn ich mich mit der Idee verbinde und sie als Handlungsantrieb umsetze.
Was weiterhin mit dem inneren Beobachter verbunden ist, ist ein kleines Stückchen Stille, denn dadurch, daß ich dem jeweiligen Handlungsimpuls folge und daher erst garkeine Diskussion angezettelt wird in meinem Kopf, erdet mich diese Herangehensweise. So komme ich ins Handeln ohne mich jeweils zu zerquälen und meinen kleingeistigen Befindlichkeiten Vorschub zu leisten. Das ist gut zu wissen.
Der innere Beobachter ist ein Tor nach Innen, ist eine Pforte zum Hier+Jetzt. Mit diesem kleinen Schritt zurück, den ich innerlich vornehme, legen sich all die Gefühlsstürme, denen ich ansonsten unterworfen bin und die ich immer als so wesentlichen Teil von mir begreife. Doch all diese Stürme gehören zur „falschen Persönlichkeit“, zur Zweitpersönlichkeit. Im Gegensatz zum inneren Beobachter fühlt sich die Ausrichtung mit der Zweitpersönlichkeit immer schwer an und problembehaftet. Die Verbindung mit dem inneren Beobachter bringt Leichtigkeit und eigenartigerweise eine gewisse Distanz zum eigenen Tun, da meinem Tun nun nicht mehr diese Wichtigkeit anhaftet; doch zeitgleich nehme ich mein Umfeld besser wahr. Der innere Beobachter bringt jene Nüchternheit, von der Don Juan1 spricht und die so relevant ist, um uns wieder mit dem Higher Self zu verbinden.
Wenn wir also auf dem Weg nach Innen sind, kommen wir am inneren Beobachter nicht vorbei, denn er stellt das Verbindungsglied dar zwischen Higher Self und dem Alltagsbewußtsein. Theoretisch wäre es einfach: Indem ich mich stets auf die Verbindung mit meinem inneren Beobachter fokussiere, verbinde ich mich zeitgleich mehr und mehr mit meinem Higher Self und gelange über diesen Verbindungspunkt immer weiter nach Innen.
Was die Verbindung mit dem inneren Beobachter gleichfalls einschließt ist ein distanzierteres Wahrnehmen meiner Welt, der Außenwelt, in die wir so fest eingebettet sind: Alles erscheint zunehmend dinghaft, fast wie unbelebt, und man nimmt eher die Strukturen wahr, in denen sich alles bewegt und zueinander verhält. Hiermit verknüpft ist die Erkenntnis, daß alles gemeinsam zusammenwirkt und wir selbst in eine viel größere Struktur eingewoben sind, die wir mit dem Alltagsfokus nicht wahrnehmen können – man erkennt die Sinnhaftigkeit dieses Gewebes.
Eine Schwierigkeit besteht darin, zu unterscheiden, ob es sich um einen Gedankenimpuls handelt, den ich wahrnehme, oder ob mein Handlungsimpuls meinem Alltagsbewußtsein entspringt. Für das Ergebnis im Alltag ist dies unerheblich, denn so oder so bin ich durch meine Handlungen in Kommunikation mit meiner Welt. Wenn ich jedoch irgendeine Art von Widerstand spüre, bestimmte Handlungen durchzuführen, so weiß ich, daß ich mich grad durch meine Kopfgedanken des Alltagsbewußtseins behindere. Und je weniger ich meinen Handlungsimpulsen folge, desto größer erscheint der Widerstand, desto vehementer gestaltet sich die Diskussion im Kopf und es werden hunderte von Gründen gefunden, weshalb man jetzt dies oder jenes nicht tun kann. All diese Gründe und Diskussionen verlegen meine Wahrnehmung weiter auf meine Befindlichkeiten, mit denen sich die Zweitpersönlichkeit identifiziert. Auch aus diesem Grund ist es von Vorteil, die Gedankenstille anzustreben, denn sie erzeugt Handlungsfreiheit und erlöst uns von unserer überspannten Wichtigtuerei. Das Schweigen hat einen ähnlichen Effekt. Denn wenn ich schweige über meine alltäglichen „Heldentaten“, bleiben es einfach Taten, die gleichrangig sind und nicht dazu angetan, unsere Zweitpersönlichkeit weiter zu erhöhen und dadurch zu stärken.
(Spax 4.4.15)
Fußnoten
- Spiritueller Lehrer von Castaneda. (siehe Inspiration: Bücher)
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