erfolgreicher Hirnriß
Gestern eine Mail von E. bekommen für ein Erfolgs-Seminar, also sie hat nur die Seite mit der Einladung weitergeleitet. Ich fand diese Seite so abstoßend. Total abstoßend und ich kann nicht sagen weshalb. Weil alle so gezwungen überfröhlich wirkten? Weil unter etwa 50 Leuten nur vier Frauen darunter waren? Weil alles so taff und straff klang und nach „Erfolg = Geld“. Denn das scheint es nach wie vor zu sein. Der so genannte Erfolg wird immer an deinem Kontostand gemessen. Und ich wehre mich dagegen. Ich wehre mich mit Händen und Füßen dagegen. Davon abgesehen, daß jeder Mensch in jedem Moment erfolgreich ist, weil er immer dasjenige zurückgespiegelt bekommt, was er ausstrahlt, ist das schönste Bild für einen „erfolgreichen“ Menschen im 3D-Sinn jemand, der durch und durch glücklich ist mit seinem Leben, jemand, der sein Leben nach seinen eigenen Erkenntnissen ausrichtet.
Sicherlich präsentieren all diese Leute tolle Möglichkeiten, Erfolg zu haben, das eigene Leben aufzuräumen, möglicherweise ein paar gedankliche Strukturen zu erkennen und ggf. durch Übung so zu ändern, daß man dasjenige erreichen kann, was die westliche Welt so als „Erfolg“ propagiert. Aber darum geht es nicht, nicht im Kern. Denn wir haben zu jeder Zeit zu hundert Prozent Erfolg in jedem einzelnen Augenblick: Stets wird uns das Ergebnis unseres Denkens zurückgespiegelt – ganz gleich, ob mir das Ergebnis nun gefällt oder nicht. Es ist exakt, wie Abraham1– und all die anderen gebetsmühlenartig „predigen“: Was du aussendest, bekommst du zurückgespiegelt. Immer. Zu hundert Prozent. Mehr gibt es über Erfolg nicht zu sagen.
Allesamt machen wir Übungen nur deshalb, damit – wie versprochen oder propagiert – ein ganz bestimmtes Ergebnis dabei herauskommen soll. Und da wir die Übungen mit der Erwartungshaltung auf ein ganz bestimmtes Ergebnis machen, haben sie letztlich keinen Erfolg; sie machen deshalb auch keinen Spaß und daher tun wir sie nicht. Denn ein gewünschtes Ergebnis wird nicht von einer Übung an sich hervorgebracht, sondern durch jenes Durch-und-durch-Empfinden, das wir haben, wenn sich ein gewünschtes Ergebnis bereits eingestellt hat. Daher haben all die Übungen so wenig Erfolg, eben weil sie grundsätzlich von dem Standpunkt ausgehen, daß ich eben noch nicht dort bin, wo ich gern sein möchte. Sie verhindern meine grundlegende Einstellung nicht, die sich in der Regel darauf gründet, daß ich mit ausreichender Anstrengung und Herumgewirbel ein Gewünschtes erreichen könnte. Es bleibt alles in den Köpfen stecken, hat keinen Einfluß auf unser Gesamtempfinden.
Ich habe mich in die Zeit des Aufwachens inkarniert – was bedeutet das? Es bedeutet einerseits, daß ich es kann, daß ich bzw. der persönliche Bewußtseinsanteil, den ich als mein inneres Ich empfinde, dahingehend entwickelt ist; daß es für jeden einzelnen, der dieses Bewußtseinsspiel des Aufwachens mitmacht, dies auch erreichen kann. Zu jeder gegebenen Zeit oder in jeder Inkarnation ist dies möglich, doch in der Zeit des Aufwachens ist es ein wenig leichter als zu anderen Zeiten, weil energetisch andere Voraussetzungen kreiert werden, die zum Beispiel insgesamt das Aufwachen des gesamten Planeten zur Folge haben. Es ist schwieriger in jenen Zeiten, in denen das Aufwachen nicht eine kollektive Absicht der gesamten Zivilisation darstellt, Zeiten, in denen andere Schwerpunkte der Integration verfolgt werden.
Es herrscht eine große Verwirrung bezüglich dieser Thematik. Zwar existieren mittlerweile die energetischen Voraussetzungen für ein „globales Aufwachen“, doch ist die Menschheit in dieser Übergangszeit vordergründig damit befaßt, zunächst den Denkprozeß zu verändern. Dies bedeutet: den massiven Fokus von den Konventionen wegzubewegen. Dies allein ist eine riesige Erreichung und fällt nicht sonderlich leicht, weil wir seit Äonen auf diesem Planeten uns in diesem Fokus bewegen. Sind wir inkarniert, nimmt unser persönlicher Bewußtseinsanteil die gesamte Menschheitsgeschichte in sich auf – und dies bedeutet so viel mehr als nur „gegen die Eltern“ oder die Gesellschaft zu rebellieren; es geht viel tiefer und rüttelt unzählige Schichten in uns auf, von denen wir nicht einmal wissen, daß es sie gibt.
Von daher hören sich all diese Übungen und Änderungsvorschläge immer phantastisch und toll an, aber nichts daran hat die Kraft, in die Tiefe zu gehen. Ich bestreite nicht, daß all die Coaches und „Erfolgsmenschen“ und Seminarleiter relevante Erfahrungen gemacht haben, um zu gravierenden Erkenntnissen zu gelangen. Doch – wie gesagt – hat jeder Mensch seine ganz persönliche und eigene Entwicklung und wird sein ganz persönliches und un-vergleichliches (!) Aufwacherlebnis haben. Es ist daher nicht möglich, den Weg eines anderen zu kopieren. Jeder muß in seinem eigenen Kopf anfangen all die Nachforschungen anzustellen, woher seine Gedanken oder Gedankeninhalte kommen oder worauf sich all die eigenen Glaubenssätze gründen.
Diesbezüglich hatte ich gestern eine Einsicht bezüglich Vorurteilen, an die ich mich wieder einmal erinnerte: Als Kind oder auch Jugendliche hatte ich keinerlei Vorurteile – weder Menschen aus anderen Kulturkreisen gegenüber noch Menschen mit Behinderungen oder sonstwelchen „Andersartigkeiten“. Als Kind und Jugendliche hatte ich das nicht. Und in meiner innersten Überzeugung hat sich dies auch niemals geändert. Was sich allerdings geändert hat, sind bestimmte Gedankengänge, die im Hinblick auf „Andersartigkeit“ auftauchen, und zwar sind sie ausschließlich eine Folge von zigtausend dämlichen Aussagen, mit denen mein Denken über all die Jahre bombardiert wird von Medien, Eltern, Unbekannten etc. Vor allem bewegen sich meine Gedanken dann in die Richtung, daß „man ja niemanden diskriminieren dürfe“, was an sich eine wünschenswerte Sache ist. „Diskriminierung“ bedeutet „Unterscheidung“. Und natürlich kann ich jeden Menschen von einem anderen unterscheiden – aber es ist klar, was im üblichen Kontext gemeint ist: Jeder andere ist genauso anzuerkennen wie alle anderen der eigenen Normkultur.
Dies wird stets betont aufgrund der Tatsache, daß eben häufig ein Andersartiges „unterschieden“ bzw. diskriminiert wird von der Masse, weil es sich durch irgendwelche Merkmale unterscheidet. Im Tierreich kann man häufig beobachten, wie beispielsweise Albinos aus der Gemeinschaft ausgestoßen werden. Hingegen wird jenen Tieren von Schamanen manchmal wiederum eine besondere Kraft nachgesagt, eben weil sie andersartig sind. Dieses Beispiel zeigt sehr gut den Mechanismus der Angst vor dem Unbekannten, der Angst vor dem Anders-artigen, die Angst, anders zu sein als das Anerkannte, das Heraustreten aus der Masse. Durch all die ungezählten Vermischungen, die über Äonen stattgefunden haben zwischen der Vielzahl von Kulturen, die wir hier auf der Erde haben, wird gleichfalls deutlich, daß es hierbei wieder und wieder um die Transformation genau dieser Angst geht: der Integration und somit der Akzeptanz des Unbekannten, Andersartigen.
Doch ich schweife ab, denn ich wollte ja erzählen, was meine Gedanken veranstalten und welche unsinnigen Handlungen sie nach sich ziehen: Aufgrund dieses Fokusses, daß man niemanden benachteiligen oder „schräg angucken“ soll, entsteht überhaupt erst in meinem Hirn genau dies; also nicht, daß ich plötzlich einen Ausländer oder Schwulen schief anschauen würde, sondern das Gefühl, ich müsse nun besonders nett zu ihnen sein, um stets zu demonstrieren: „Hey, schau, ich akzeptiere dich.“ Wißt ihr eigentlich, wie anstrengend das ist, wie falsch und unaufrichtig? Denn ursprünglich habe ich doch gar keine Abneigung welcher Art auch immer. Diese idiotische Haltung verhindert, daß ich jedem Menschen im Augenblick und spontan begegnen kann, denn sobald ich einen anderen erblicke, tauchen bereits all die Kategorisierungen auf: „ah, ein reicher Idiot“, „eine Kopftuchträgerin“, „ein Autist“ etc. Zeitgleich wird von meinem Hirn das „korrekte Verhalten“ mitgeliefert: Ablehnung oder eine Extraportion Freundlichkeit.
Unter allen Schichten und Rassen gibt es Freundliche und Unfreundliche, Menschen, mit denen ich „kann“ oder „nicht kann“, es hat dies nichts mit irgendwelchen Äußerlichkeiten zu tun! Auf diese Weise jedenfalls werden unsere Kopfgedanken dressiert, die unzählige Ansichten, Meinungen, Parolen in sich aufnehmen und speichern, und dann dieses Aufgenommene in gleicher Form wie ich es aufgenommen habe bei entsprechenden Gelegenheiten abgerufen wird und durch mein Hirn wandert. Es sind all dies überhaupt nicht meine Gedanken und sind es nie gewesen! Denn mein inneres Ich begegnet den Menschen und Situationen immer spontan und im Jetzt, es klassifiziert nicht!
Tja, eine schöne Aufgabe, all diesen Gedankenmüll aus den Schubladen zu ziehen und auszumisten. Einfacher ist es möglicherweise, die gesamte Denk-Kommode aus meinem System zu werfen, aber auch dies ist nicht einfach.
Es ist genau, wie ich zuvor beschrieben habe: Alles hängt an genau diesen erkannten Denkmustern und -gewohnheiten. Dieses System verhindert in sich selbst, daß man es in Frage stellt – und daher wird es zum Beispiel aufgrund der erlernten Denkstruktur an Übungen glauben und daran, daß diese einen entsprechenden Erfolg hätten. Ich werde daran glauben, daß ich mich nur recht anstrengen muß, um z.B. so etwas wie Entspannung zu erreichen oder Erfolg oder was auch immer. Da dieser grundlegende Denkprozeß nicht geändert wird, bleibt alles ein Gedankenspiel, weil ich lediglich mit den Schubladen der Kommode hantiere, im Glauben, irgendwelche Fortschritte zu machen, was jedoch nicht zu einem Aufwachen führen kann, da das darunterliegende Denksystem niemals in Frage gestellt wird.
Fußnoten
- Abraham ist eine von Esther Hicks gechannelte nichtphysische Entität.
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