reale Illusionen

14. Mai 2014 at 02:56

Schlafen-Federn_SNIP_AdinaVoicuEin unglaublicher Trick, der mit unserer Illusionswelt verbunden ist, ist das, was wir „Schlaf“ nennen. Wenn man weiß, daß unser Bewußtsein niemals schläft und permanent verbunden ist mit dem Gesamtbewußtsein und daher in Klarheit, muß man sich fragen, wie es überhaupt funktionieren kann, daß wir so etwas wie Schlaf überhaupt erleben und erfahren können. Wie kann es sein, daß wenn wir schlafen, ein Teil von uns zu hundert Prozent bewußt ist und aber ein anderer Teil von uns hiervon gar keine Kenntnis besitzt? Daß wir morgens aufwachen mit dem Empfinden „daß da nichts war“? Wirklich ganz erstaunlich. Genauso erstaunlich, wie daß wir im Tagesbewußtsein keine Kenntnis besitzen von all den größeren Zusammenhängen – von unserer Bewußtheit, die niemals schläft. Wir haben hier also insgesamt eine Erlebenswelt geschaffen, die wir in einer Art „komplett-Vernebelung“ als total real empfinden! Krass, das ist wirklich krass.

Die Frage stellt sich: Wann und wodurch empfinden wir etwas als real? Das einzige Realitätsempfinden, das wir je haben können ist jenes des „Ich existiere“. Und da diese Welt, in der wir leben, eine sehr effektive Illusion darstellt, kann es nur der extrem starke Fokus sein, mit dem sich das Bewußtsein – oder wir würden sagen: ein Teil unseres persönlichen Bewußtseins – ausrichtet.

Das Bewußtsein kann sich genauso auf eine Illusionswelt fokussieren wie auf das Gesamtbewußtsein, welches stets im „Sein“ schwingt. Das Gesamtbewußtsein ist das Empfinden von Sein, von Existenz. Und da alles aus dem Gesamtbewußtsein hervorgeht, ist das Seinsempfinden jener Faktor, auf den sich alles reduzieren läßt. Mehr nicht. Alles andere ist von daher eine Illusion, sind Gedanken und Empfindungen in die ich mich hineinfokussiere. Der Bewußtseinsfokus ist daher immer zu hundert Prozent präsent. Immer. Daher unterliegen wir auch jenem Irrglauben, daß wir zu hundert Prozent eine Person sind und zu hundert Prozent real in diesem Fokus.

Alles geschieht gleichzeitig. Das bedeutet: der Seinsstrom, das Empfinden des Seins, ist in jedes Ding oder Erleben gleichermaßen fokussiert. Das ist schwer zu verstehen, weil jener 100 %-Fokus das Gefühl einer Ausschließlichkeit beinhaltet; und genau diese Ausschließlichkeit erzeugt das Realitätsempfinden – jegliche Realität eines Ich, eines „Ich existiere“. Sobald sich Bewußtsein also in irgendetwas hineinfokussiert, erhält dieses Etwas (egal ob Situation oder Ding oder Empfinden) das Grundempfinden von „Realität“. Und da ein Jedes dieselbe Grundprämisse des Seins-Empfindens teilt, sind wir auf dieser Ebene mit Allem verbunden.

Dies ist quasi „der lange Weg zurück“ zur Selbst-Erkenntnis, auf dem wir irgendwann anlangen bei dem Gesamtempfinden des „Ich bin“, des „Ich existiere“ – wobei der „Ich“-Teil dieser Aussage im direkten Erleben eigentlich nicht mehr vorhanden ist. Nichts anderes „tut“ also das Gesamtbewußtsein, als sich in seiner eigenen Vorstellungswelt des Möglichen zu „bewegen“; so ähnlich wie wir z.B. in unseren Köpfen verschiedene Ideen oder Szenarien durchspielen, mit dem Unterschied, daß der 100 %-Fokus des Gesamtbewußtseins zu all diesen Dingen und Vorstellungen wird und hierdurch Allem und Jedem exakt jenes Bewußtheitsempfinden liefert. Alles ist daher Illusion außer jenem „Ich bin“.

Buddha-7_Meditation_SNIP_Ben_KerckxUnd dennoch geht etwas darüber hinaus, denn jenes Existenzempfinden ist eher ein statischer Zustand, ein Schauen, ein Betrachten, eine Freude am Sein an sich. Dennoch ist hierüber jene innere Mannigfaltigkeit entstanden, all jene Illusionsdinge, die wir als ungezählte Welten wahrnehmen, selbst wenn sie illusorischer Natur sind. Weil ein Jedes, das existiert stets nach etwas „Höherem“ strebt oder nach tieferer Erkenntnis, nach einem „Weiter“ sozusagen, muß dem Gesamtbewußtsein, jenem „Ich existiere“, gleichfalls solch ein Empfinden zugrundeliegen. Wäre dem nicht so, alles wäre statisch und nichts würde sich auch nur einen Zentimeter irgendwohin bewegen. Von daher denke ich, wenn wir auf unserem Weg zur Selbst-Erkenntnis die Schichten von Illusion und „Vernebelung“ abgetragen haben, unser Erleben durch jenes „Ich bin“ hindurchgeht, hindurchgehen muß, um gleichermaßen aufzugehen in etwas noch Größerem, von dem wir nichts wissen oder wissen können, solange das Gesamtbewußtsein aus seinem eigenen Traum nicht aufgewacht ist. Denn erst, wenn das Gesamtbewußtsein seine eigene Traumwelt als solche erkennt und diese als Illusion, so wird es erneut erkennen und selbst werden.

So gesehen ist eigentlich das Gesamtbewußtsein in einem Nirwana-Zustand aufgehängt. Ein sehr starker Zustand, sicherlich, aber man könnte sagen: Es lebt nicht selbst, sondern verleiht lediglich seinen Illusionsbildern Leben und Existenz, jenes Gefühl des „Ich bin“ – und mehr ist nicht; nicht in diesem Paradigma oder Universum oder Seinsausdruck anyway.

(Spax  14.5.14)

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