Weit hinaus

26. November 2014 at 00:24

heic0405a_SKALIERT 629_Hubble_Märchen1Ich weiß ja nicht… ich le­be ja – so wie je­der – in mei­ner ei­ge­nen Welt. Viel­leicht können die meis­ten mit all mei­nen Er­klärun­gen gar­nichts an­fan­gen – eben weil sie in ih­rer Welt le­ben.

Aber wenn es so vie­le Par­al­lel­ge­schich­ten gibt, so wie Ze­ta Re­ti­cu­li ver­mut­lich ei­ne von die­sen Wel­ten ist, die zu­vor zerstört wur­de und zu et­was an­de­rem ward, so müßte es – wie es uns den­noch gibt – auch einen grünen­den Mars ge­ben, der in vol­ler Blüte steht.2 Ver­mut­lich ist es wie folgt: Die Zeit des Auf­wa­chens be­deu­tet ein­fach „die Zeit des Auf­wa­chens“, ei­ne Umwälzung des zu­vor da­ge­we­se­nen, wo man „auf­wa­chen“ muß, weil es den rhyth­mi­schen, kos­mi­schen Ge­set­zen ent­spricht. Viel­leicht könn­te man auch sa­gen: die „Auf­wach-Zeit“ ist ge­ne­rell ei­ne Zeit der Umwälzung, und so wa­chen die einen auf und die an­de­ren ge­hen den Weg der Ver­nich­tung – schließlich le­ben wir in ei­ner dua­len Welt.

Würden tatsächlich al­le auf­wa­chen, so würde man die dua­le Welt trans­for­mie­ren in et­was an­de­res. Denn das ge­schieht ja beim Auf­wa­chen im Prin­zip. Al­les, was nicht auf­wacht, muß so­zu­sa­gen sich in die an­de­re Rich­tung be­we­gen. Es ist Ge­setz der Dua­lität. Die Ener­gi­en fließen in die ei­ne und in die an­de­re Rich­tung und je­der wählt ex­akt den Er­leb­nis­weg, den er er­fah­ren möchte. Und je­der, der das Auf­wa­chen wählt, trans­for­miert sich wei­ter, durch vie­le Schich­ten hin­durch – zu im­mer noch tiefe­rem Er­ken­nen. Und dies steht „am En­de“ ei­ner je­den „Stre­cke“, denn auch die „Ne­ga­ti­ven“ trans­for­mie­ren, le­dig­lich mit an­de­ren Vor­zei­chen. Es ist wie ein Kreis, der sich dann schließt und Po­si­tiv und Ne­ga­tiv auf­ein­an­der­tref­fen – aus ent­ge­gen­ge­setz­ten Rich­tun­gen mit schein­bar ent­ge­gen­ge­setz­ten Er­fah­run­gen, doch mit der­sel­ben Tie­fe und Er­kennt­nisfähig­keit. Das ist dann das Schöne dar­an: das Er­stau­nen über das je­weils An­de­re. Aber das ist es ja im­mer, das Wun­der der un­end­li­chen Viel­falt der Aus­drucksmöglich­kei­ten.

Viel­leicht auch da­her er­folgt ein Auf­wa­chen so „schritt­chen­wei­se“, denn es gibt im­mer wie­der neue/wei­te­re/tiefe­re Schich­ten, die man in­te­grie­ren kann. Doch das ei­gent­li­che Auf­wa­chen er­folgt in die ei­ge­ne Be­wußtheit hin­ein, daß nichts ge­trennt ist vom nächs­ten und Al­les der Aus­druck des Einen ist. Al­les an­de­re, in­di­vi­du­el­le, ist eher „persönli­cher“ Na­tur.

Mei­ner Wahr­neh­mung nach müßte man aus der Dua­lität her­austre­ten, so­bald man sämt­li­che dies­bezügli­chen Er­fah­run­gen ge­macht bzw. in­te­griert hat. Es ist ein span­nen­des Feld, die Dua­lität, aber – ich glau­be das – nicht das ein­zi­ge Aus­drucks­feld, wel­ches exis­tiert. Ein wei­te­res ist ja z.B. Al­les-was-Ist, wel­ches zwar die Dua­lität als Aus­drucks­form bein­hal­tet (qua­si im „Selbst“ des Nicht­selbst von Al­lem-was-Ist), aber es ist doch ei­ne gänz­lich an­de­re Seins­wei­se, ei­ne an­de­re Wahr­neh­mung im Ver­gleich da­zu, sich im­mer an ei­nem Dua­len zu rei­ben und zu er­ken­nen. Ich emp­fin­de Al­les-was-Ist als „wahr­neh­men­des Po­ten­zi­al“, das un­se­re dua­le Wahr­neh­mung ist und da­her dies als „Er­le­bens­grund­la­ge“ im­pli­ziert; des­halb ist es uns gar nicht möglich, et­was an­de­res als die­ses wahr­zu­neh­men, denn wir be­we­gen uns im Wahr­neh­mungs­feld von Al­les-was-Ist. Es ist nicht ein­mal ein Spie­gel, son­dern ein Seinszu­stand. Al­les-was-Ist träumt des­sen in­ne­re Welt, und al­les was wahr­nehm­bar ist, ist der Aus­druck hier­von.

Al­les-was-Ist ist da­her ein an­de­res „Wahr­neh­mungs­feld“, denn es stellt un­ser Wahr­neh­mungs- und Er­leb­nis­feld ener­ge­tisch zur Verfügung. Doch da Al­les-was-Ist exis­tiert, be­schreibt es grund­le­gend ein an­de­res Ener­gie­feld als das Dua­le. Zunächst neh­men wir es wahr als „das Feld der Ein­heit des Dua­len“, die trans­for­mier­te Dua­lität als Seins­zu­stand. Und in die­sem Zu­stand ist es möglich, wei­te­re und fei­ne­re und „tiefer­lie­gen­de“ Dua­litäten und Aus­drucks­for­men er­le­ben zu können und hier­durch den Ein­heits­zu­stand so­zu­sa­gen mehr und mehr zu ver­fei­nern. Doch im­mer, so­bald ich ein An­de­res wahr­neh­me, wo­durch in un­se­rer durch­kon­zi­pier­ten Welt Wahr­neh­mung über­haupt statt­fin­det, bleibt das „persönli­che Er­le­ben“ aus­sch­ließlich im dua­len Fo­kus (ich er­lan­ge Er­kennt­nis durch den Spie­gel ei­nes Ge­genübers).

2-Kelche_Waite-TarotDoch was ge­schieht, wenn ich voll und ganz mit Al­lem-was-Ist iden­ti­fie­ziert bin? Das ei­ne ist das Nir­wa­na, das Emp­fin­den des Po­ten­zi­als, doch dies scheint kei­ne wirk­li­che Ent­wick­lung in sich zu tra­gen, die­ses Emp­fin­den ist kei­ne Trans­for­ma­ti­on je­nes Ein­heits­zu­stan­des. Mir scheint, es geht wei­ter und wei­ter in die Rich­tung des „Auf­ge­hens in der Ge­mein­schaft“. Es ist, was wir hier so im Klein­tei­li­gen üben: die In­te­gra­ti­on al­ler Aspek­te. Und je mehr und bes­ser ich ein An­de­res er­ken­ne als einen Teil mei­ner selbst und al­so von Al­lem-was-Ist, und die­ses zunächst Fremd­ar­ti­ge in mir auf­neh­men kann und ak­zep­tie­re, er­ken­ne, in­te­grie­re, er­ge­ben sich hier­durch wei­te­re Wahr­neh­mungs- und Aus­drucksmöglich­kei­ten. Denn ir­gend­wann ist je­nes vor­mals An­de­re kein An­de­res mehr, son­dern durch Er­ken­nen ein Teil „mei­ner selbst“. Dies wird be­schrie­ben als „Er­wei­te­rung des Be­wußtseins“. Je mehr Aspek­te wir in der La­ge sind, zu in­te­grie­ren, de­sto „größer“ wird un­ser Clus­ter.

Wir können uns in un­se­rem li­ne­ar aus­ge­rich­te­ten Den­ken nicht vor­stel­len, wie es zum Bei­spiel ist, zu sein wie ei­ne Son­ne oder ein Stern etc. Wir können uns nicht vor­stel­len, was es be­deu­tet „ein Raum“ zu sein oder ob Ener­gie an sich Be­wußtsein hat; denn wenn Ener­gie ein Träger von Be­wußtsein ist, al­so be­nutzt wird als Trans­por­teur von Ide­en und Ge­dan­ken, so muß zwangsläufig die Ener­gie gefärbt oder be­ein­flußt sein von dem ent­spre­chen­den Be­wußtseinsim­puls (Idee), der auf der Ener­gie „rei­tet“. Al­les ist: Be­wußtsein. Al­les ist: Ener­gie. Es ist das­sel­be, könn­te man sa­gen. Und das im­pli­ziert, daß qua­si je­de Be­we­gung des Be­wußtseins zeit­gleich einen ener­ge­ti­schen Im­puls aus­sen­det. Und das stimmt.

Das Nir­wa­na ist ein Pas­si­ves, das Zurück­zie­hen jeg­li­cher Ener­gie, jeg­li­chen Im­pul­ses auf das rei­ne Be­ob­ach­ten und An­neh­men. Wes­halb ist es ei­ne Sack­gas­se? Weil In­te­gra­ti­on hier nicht im Aus­tausch statt­fin­det, in der Dua­lität; denn erst das Er­le­ben von Dua­lität und ei­nes An­de­ren und Frem­den bringt In­te­gra­ti­on, nicht das rei­ne „Phi­lo­so­phie­ren“ hierüber oder die Be­trach­tung. Den­noch be­schreibt das Nir­wa­na eben­falls einen an­de­ren Seins­zu­stand, so wie Al­les-was-Ist.

Ein Aus­druck des Er­wa­chens aus der Dua­lität, sie zu trans­for­mie­ren, scheint das Bil­den von „Ge­mein­schaft­sclus­tern in der Er­kennt­nis“ zu sein. Blei­be ich je­doch „al­lein“, auf mich und mein Er­le­ben mit Al­lem-was-Ist be­zo­gen, kann ich je­weils „nur“ den Grund­zu­stand von Al­lem-was-Ist wi­der­spie­geln, nicht je­doch hierüber hin­aus­ge­lan­gen. Denn die Ener­gie von Al­les-was-Ist ist die Blau­pau­se, und un­ser Be­wußtsein ent­wi­ckelt sich durch je­ne ste­te Rei­bung in dem dua­len Span­nungs­feld, wel­ches hier­durch be­reit­ge­stellt wird.

Im Dua­len ist im­mer ein „Zug“ vor­han­den, der uns in ei­ne be­stimm­te Rich­tung zieht, dies ist im­mer zu spüren. Und wenn wir die­sem Zug fol­gen, dehnt sich durch un­ser dua­les Er­le­ben das Be­wußtsein aus und ge­langt – letzt­lich – über sich selbst hin­aus. Und so, wie ich z.B. mei­ne „mensch­li­che Blau­pau­se“ nicht trans­for­mie­ren kann – denn ei­ne Blau­pau­se be­zeich­net le­dig­lich das Be­reit­stel­len eins spe­zi­fi­schen „Er­le­bens- oder Ener­gie­fel­des“, so kann ich den­noch mein Be­wußtsein über die­se Form (Blau­pau­se) hin­aus deh­nen und so­zu­sa­gen die Form er­ken­nen und hier­durch in­te­grie­ren – auch wenn ich sie dann nicht länger be­nut­ze oder be­nut­zen kann, denn das Er­ken­nen der Form und der Ge­ge­ben­hei­ten des Il­lu­si­ons­mo­dells, in dem wir uns be­fin­den, nimmt dem je­wei­li­gen Er­leb­nis­feld die Sinn­haf­tig­keit. (Er­ken­ne ich z.B. mein Ge­wor­den­sein und mei­ne Ver­hal­tens­wei­sen auf­grund fa­mi­liärer und ge­sell­schaft­li­cher Er­zie­hung und Ge­ge­ben­hei­ten, so ver­lie­ren die hier­zu gehöri­gen Zwänge und Ver­hal­tens­wei­sen ih­ren „Sinn“.) Es ist ei­ne „Be­frei­ung von der Form“ al­so, die ei­ne Trans­for­ma­ti­on aus­macht. Und den­noch ermögli­chen uns all die un­gezähl­ten Ein­schränkun­gen, die wir in und durch die je­wei­li­ge Form er­fah­ren, ein spe­zi­fi­sches Er­le­ben so­wie zur je­wei­li­gen Form gehöri­ge spe­zi­fi­sche Er­kennt­nismöglich­kei­ten.

Schlußend­lich kann man sa­gen, daß al­so der­einst un­ser Hin­aus­wach­sen über die „Form“ des Al­les-was-Ist, das Er­ken­nen die­ser Art der „Il­lu­si­on“, uns in voll­kom­men an­de­re Zu­sam­menhänge ka­ta­pul­tie­ren wird. Doch so­lan­ge wir uns in un­se­rem Er­fah­rungs­be­reich von Al­lem-was-Ist be­we­gen, wer­den wir schlicht­weg nicht wis­sen können, was dies An­de­re sein mag. (Ehr­lich, das wurmt mich ein bißchen. Doch an­de­rer­seits: Wie­viel Ent­decker­freu­de bleibt denn, wenn wir al­les be­reits wüßten?! Da­her ist ja die­se Welt oder an­de­re 3D-Wel­ten – ins­be­son­de­re die Er­fah­run­gen des „Ne­ga­ti­ven“ – so span­nend: weil sie uns die Möglich­keit bie­ten, in der Il­lu­si­on ei­nes Nicht­wis­sens Er­fah­run­gen zu ma­chen, die an­dern­falls über­haupt nicht möglich wären.)

(Spax 26.11.14)

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Fußnoten

  1. Space image: Cour­te­sy NA­SA/JPL-Cal­tech
  2. Die­se Aus­sa­ge be­zieht sich 1) auf mögli­che Wel­ten; 2) auf die An­nah­me, daß die Mensch­heit, be­vor sie auf der Er­de in­kar­nier­te, den Mars be­sie­delt hat, der durch das zerstöre­ri­sche Ver­hal­ten un­be­wohn­bar ge­macht wur­de; und 3) auf ei­ne Zi­vi­li­sa­ti­on der Men­schen, die ih­ren Pla­ne­ten ato­mar verwüstet ha­ben, dann wei­ter­hin un­ter der Er­de ge­lebt ha­ben, sich ge­ne­tisch stark veränder­ten und durch Klo­nen ih­ren Fort­be­stand „si­cher­ten“ – wor­aus ei­ne Zi­vi­li­sa­ti­on der „Grey“ ent­stand.