Triumph-Gedanken

19. Oktober 2015 at 01:47

Blog-Bild, 6 Stäbe„Don′t tell“ – erzähl′ es niemandem, sagt der Ra Uru Hu in seinem Beitrag über den Manifestor.1 Es schwächt mich innerlich, denn das Reden über meine Projekte zerstört die Energieblase, die sich für das Projekt gebildet hat. Das ist so interessant, denn ich kann es fast körperlich spüren, wie stark die Energie für ein jeweiliges Projekt in mir angewachsen ist, es ist ein ganz deutlich physisches Empfinden. Und sobald ich quatsche über meine Projekte, kann ich ebenso spüren, wie diese angesammelte Energie auf meiner Zunge durch meinen Mund hinausspaziert, oft ein breites Grinsen und ein Fähnchen trägt, wie jemand, der nach einer geschlagenen Schlacht siegreich heimkehrt.

Ich trage einen möglichen Triumph also bereits vorweg, ohne das Projekt wirklich durchgeführt zu haben. Wenn ich jemandem von meinen Vorhaben berichte, ist es vom Gefühl her eigenartigerweise so, als hätte ich tatsächlich das Vorhaben bereits erledigt! So fühlt es sich an, und genau aus diesem Grund ist dann natürlich keine Energie mehr vorhanden, das Projekt auch wirklich anzugehen! Wie soll man auch, wenn man doch den Triumph darüber bereits gefeiert hat?!

Solch einfache Worte, die sagen: „Ich will… Habe mir vorgenommen…“ Doch diese Art der Vorwegnahme scheint zumindest meinem System, meiner Psyche, zu signalisieren, es wäre bereits geschehen. Vielleicht ist das mit ein Grund, weshalb so viele Leute stets darüber klagen, dies oder das oder jenes noch nicht erledigt zu haben; ein Anlaß dafür, daß wir so viele Dinge aufschieben zum Beispiel oder eben garnicht erst beginnen können.

Handeln ist Energie, Worte sind Energie, Denken ist Energie. Wir verpassen den Handlungsimpuls unter anderem dadurch, daß wir in unserer Vorstellung schon viel zu weit vorauseilen. In dem Moment, wo ich überlege, diese oder jene Handlung durchzuführen, habe ich längst den Handlungsimpuls dafür verpaßt. Zwar kann uns eine ausgeschmückte Vorstellung von einem Endergebnis Schmetterlinge in den Bauch setzen, doch die Vorstellung des Ergebnisses ist eine ganz andere Energie als jene, die ich am Anfang einer Handlung benötige. Denn ist das Ergebnis erreicht, ist jene Energie, die mich dorthin gezogen hat aufgebraucht – das Ziel ist erreicht, es zieht mich nicht mehr. Die Kluft zwischen Anfang und Ende ist zu groß; mit der Vorstellung eines Ergebnisses signalisiere ich mir, daß etwas bereits fertig sei! Wie soll ich dann hierüber den Antrieb erhalten, den ersten Schritt zu tun?

Ich verpulvere also meine Antriebsenergie bereits, indem ich mir meine Triumphe ausmale. Kleide ich meine Vorstellungen dann noch in Worte, geht noch mehr Energie verloren für das jeweilige Vorhaben. Und folglich wird es recht mühselig, wieder ausreichend Handlungsenergie hierfür aufzubauen.

Dies dürfte auch mit ein Grund sein, weshalb die Widerstände bezüglich einer Aufgabe, einem Vorhaben, sich verstärken. Denn nun gesellen sich zu der bereits nicht angegangenen Aufgabe auch noch die Vorwürfe und das ewige Lamento: „Ich müßte/will dies oder jenes erledigen, hab aber grad nicht die Energie, den Antrieb, die Zeit dafür“ usw. Sobald eine Aufgabe mit einem kleinen Widerstand behaftet ist, wächst dieser weiter und weiter, je mehr ich darüber klage – und eine Aufgabe, die zunächst bedeutungslos war oder vielleicht sogar eine Freude, wird hierdurch zu einer energetischen Mühsal.

Zeit: fünf vor ZwölfDer Knoten platzt in dem Moment, wenn z.B. ein Abgabetermin, eine Deadline o.ä. ansteht und man nun hierdurch gezwungen ist, die Aufgabe anzugehen, trotz all der Widerstände. Erst dieser Termin, die Deadline, zwingt uns dann wieder ins Jetzt, in den Augenblick, in dem man handeln muß. Manchmal haben wir hier Glück und während wir die Aufgabe schlußendlich doch noch angehen, fängt die Energie hierfür wieder an zu fließen und wir können in einen Schaffensrausch geraten. Es ist dann, als würden wir eine Leuchtrakete zünden, die verglüht, sobald die Aufgabe fertiggestellt ist und wir anschließend erschöpft wieder in diesen tatenlosen Schwebezustand verfallen: „Ich habe eine (wichtige) Aufgabe erledigt – jippie – und jetzt muß ich mich ausruhen von dieser Anstrengung!“ So kommt sicherlich kein Flow zustande, denn all unsere Energie ist mit der Anstrengung verpufft, wir können sie nicht in einen Fluß bringen. Zudem trainieren wir uns an, Aufgaben überhaupt nur anzugehen, wenn eine Deadline existiert.

Ich finde das interessant, denn es wird ja immer gesagt, daß unsere Vorstellungskraft uns zieht, uns Ideen liefert und Ziele. Das mag einerseits stimmen, aber all jene Gedankenspielereien ignorieren die Handlungsimpulse, die ich wahrnehmen oder in Handlung umsetzen könnte, wäre ich nicht die ganze Zeit mit bestimmten Überlegungen und Vorstellungen verschiedentlicher Ergebnis-Szenarien befaßt.

Weil es ja nicht nur eine, sondern immer viele Aufgaben zeitgleich gibt, versuche ich dann beispielsweise – wie so oft empfohlen wird – eine Prioritätenliste herauszuarbeiten. Wieder ist dies fehlgeleitete Energie + Zeit, die ich nun damit verbringe, irgendwelche Listen zu erstellen. So wenig Vertrauen haben wir in unsere Impulse! Denn unsere Handlungsimpulse kennen keine Prioritätenlisten, sie hüpfen von „Ich setz mich an den Computer“ zu „Ich dusche jetzt“, „Ich mach den Abwasch“, „gehe spazieren“, „rufe eine Freundin an“, „redigiere meine Texte“, „gehe ins Kino“ etc. Die Handlungsimpulse erscheinen uns sprunghaft und wenig verbunden mit unseren Prioritätenlisten. Auch deshalb ignorieren wir sie, weil sie mit unseren ausgedachten linearen Handlungsverläufen nicht übereinstimmen.

Wir lernen erst, diese Impulse wertzuschätzen, wenn wir anfangen, ihnen zu folgen. Erst wenn wir dies tun, werden wir feststellen können, daß auf diese Weise sämtliche Aufgaben in einen mühe-losen Fluß gebettet sind. Eine Aufgabe ist dann kein Brocken mehr, für den ich das richtige Zeitfenster finden müßte, um sie abzuarbeiten. Stattdessen wird jede Aufgabe mit ihren jeweiligen Anforderungen und Einzelschritten in einen harmonisierenden Fluß gebracht, wobei jede Aufgabe erledigt wird. Denn unser Higher Self, das den Gesamtüberblick hat und uns die Handlungsimpulse liefert, ist immer auf das bestmögliche Ziel gerichtet und versorgt uns stets mit ausreichend Energie, um sämtliche Anforderungen und Aufgaben erledigen zu können.

Erst, wenn wir unseren Impulsen folgen, wird es mühelos. Solange wir meinen, alles selbst per rationellem Denken + Planen erschaffen zu wollen, wird es anstrengend und wir blockieren die Flußenergie – verschleudern sie im Denken, in Worten, in Handlungen, die mit hierdurch erzeugten Widerständen uns das Leben sauer machen.

(Spax 19.10.15)

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Fußnoten

  1. Ra Uru Hu ist der Begründer des Human Design, einem System zur Erforschung der angeborenen Anlagen. Der Manifestor ist einer der vier Typen, die beim Human Design beschrieben werden.

       (Für weiterführende Informationen zum Human Design siehe z.B. die Seite von David Peters (HD); der erwähnte Beitrag über den Manifestor findet sich hier: Jovian Archive (HD), dann aus der Liste „Manifestors“ anklicken (engl.).)