The Show must go on…

26. November 2017 at 04:31

Smielies-Herzchen_SNIP-1709212_1920_geraltDer Andy Strauß hat in einem Interview1 gesagt, wenn man als Slammer das Publikum zum Weinen bringt, man garantiert wieder eingeladen würde; wenn man jedoch als Kabarettist das Publikum mal zum Weinen brächte, daß man dann recht schnell weg sei vom Fenster. Weshalb funktioniert das nicht, wenn Showmaster oder Showleute ernster wären oder ihr Publikum auch mal zum Weinen bringen? Der Grund ist: Die Leute wollen unterhalten werden. Sie schauen sich Unterhaltungsprogramme an, weil sie lachen wollen, weil sie weg wollen von ihren Sorgen, weil sie aus ihrem eigenen Hirn herausgezogen werden wollen – denn das ist Unterhaltung im wesentlichen. Auch sucht man Entspannung, wenn man sich unterhalten läßt, und Entspannung ist ein wohliges freundliches Gefühl im Bauch; manche finden ja sogar, daß Spannung ebenfalls Entspannung ist und schauen sich einen Krimi nach dem anderen an.

Das ist der Grund, weswegen eine Politsatire grundsätzlich weniger Zulauf hat als z.B. ein Otto Waalkes oder ein „Herr Schlemmer“ (Kerkeling): Die Leute wollen weg von ihren eigenen Problemen und dem ständigen Geplapper in ihrem Kopf – sie suchen nach ein wenig Leichtigkeit. Und weil nichts auf der Welt sich so gut anfühlt wie wenn man fröhlich ist und lacht, haben diejenigen, die ihr Publikum zum Lachen bringen, den allermeisten Zulauf. Die am häufigsten geschauten Filme in Deutschland sind – mit Abstand! – Komödien: Der Schuh des Manitu, (T)Raumschiff Sur­prise und Otto, der Film führen die Liste an. Nichts lieben die Menschen so sehr, wie zu lachen.

Von daher ist es zwar auch eine wunderbare Erreichung, wenn man das Publikum mal zum Weinen bringt, wenn etwas bewegt wird in den Herzen der Menschen, aber das wollen die Leute nicht auf Dauer haben. Ist ja auch kein Wunder, denn das Lachen erhöht unsere Schwingung, bringt uns ein bißchen näher zu uns selbst, macht uns leicht innerlich. Es ist näher an unserer Ursprungsschwingung.

Auch das ist interessant in diesem Zusammenhang: Das, was wir als „Tiefe“ begreifen, als „Ernst“, ist stets mit Problemen behaftet, mit Sorgen, Kummer und Nöten. „Ernst sein“ bedeutet von daher, sich mit unseren Gedankeninhalten zu beschäftigen. Genau das ist, was Don Juan2 als die Fixierung auf „die eigene Wichtigkeit“ bezeichnet, denn wir identifizieren uns mit unseren Gedankeninhalten; hierdurch wird gestärkt, was landläufig als „das Ego“ bezeichnet wird. Erst das Lachen bringt uns ein wenig weg davon, lockert den Ernst, und damit die bierernste Beschäftigung mit all dem Problembehafteten. Unbewußt suchen wir danach, suchen nach Unterhaltung, nach Möglichkeiten, von dieser starken Identifikation mit all den Problemen erlöst zu werden. Aus demselben Grund lieben wir Happy Ends, Geschichten, die gut ausgehen, suchen nach Möglichkeiten der Erleichterung.

Wenn man den Zusammenhang mit unserer Identifikation und unseren Denkautomatismen auf diese Weise betrachtet, wird nochmal deutlich, wie schädlich sie im Ganzen tatsächlich sind für uns, unsere Automatikgedanken, die uns unaufhörlich hinabziehen…

(Spax  26.11.17)

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Fußnoten

  1. Siehe das YouTube-Video von BildundWort: Interview mit Andy Strauß (23.04.2010). Andy Strauß ist über Poetry-Slam bekannt geworden.
  2. Don Juan war der spirituelle Lehrer von Castaneda.