prekäres Gleichgewicht

1. Juli 2015 at 00:56

Nagelbett_SNIPHabe viel geträumt. Das tut gut. Aufgewacht bin ich unter an­derem mit dem Stich­wort „Nagel­bett ka­putt“. Außer an meine Fin­ger- oder Fußnägel mußte ich bei „Nagel­bett“ auch an die Lieges­tatt eines Fakirs denken und daran, daß jeder einzelne Nagel dir unsägliche Schmerzen bere­iten würde, müßte man auf diesem einen Nagel liegen oder ein paar weni­gen.

Ich hatte die Vorstel­lung, daß jeder einzelne Nagel für eine schmerzhafte Er­fahrung steht, vor allem einer seel­is­chen; und durch jede dieser schmerzhaften Er­fahrun­gen bin ich gewach­sen. Ich werde ge­tra­gen von diesen Er­fahrun­gen, das ist das Bild für mich. Das be­deutet allerd­ings auch, daß ich mich über diese schmerzhaften Er­fahrun­gen definiere: Ich liege da­rauf wie auf einem Bett. Nicht gemütlich, aber es hält mich wach und aufmerk­sam, jede Be­we­gung könnte schmerzhaft sein.

Auch das ist in­ter­es­sant in Bezug auf meine „Furcht mich zu be­we­gen“. Im Vorder­grund meines un­bewußten Denkens oder der Auswahl meiner Hand­lun­gen liegt womöglich ein Glaubenssatz, der be­sagt: „Sobald du dich in Be­we­gung setzt, tut es weh.“ Das ist krass, denn ohne Be­we­gung leben wir unser Leben nicht. Doch scheint der Ein­druck vorzuherrschen, daß jede meiner Be­we­gun­gen in etwas neg­a­tives mündet. Wo kommt denn das her?, denn ich habe doch auch viele pos­i­tive Er­fahrun­gen gemacht.

Nur wenn ich mich nicht be­wege und die Luft an­halte, tut es nicht weh, sagt mir dieses Bild. Aber Nicht­be­we­gung be­deutet weitest­ge­hend Still­stand, ein Sich-ein­passen in ir­gendwelche Gegeben­heiten, die ich in ir­gen­deinem Mo­ment meines Lebens als rel­e­vant akzep­tiert oder definiert habe.

Vielle­icht un­ter­halte ich diesen un­bewußten Glaubenssatz, weil es schein­bar kein Happy-End für immer und ewig gibt. Denn sobald ich eine gute Er­fahrung gemacht habe oder etwas er­re­icht habe, was ich er­re­ichen wollte, hat es keinen Be­stand als „im­merwährende Glück­ser­fahrung“. Denn meis­tens dauert es nicht sehr lang und jene „Berggipfel­er­fahrung“ ist nach und nach ins Alltägliche in­te­gri­ert. Sobald etwas er­re­icht ist, strebe ich bere­its wieder neuen Zie­len zu. Und vielle­icht entsteht hi­er­durch das Gefühl, daß man auch ein Gutes nicht fes­thal­ten kann bzw. die Eu­phorie hierüber nicht anhält; was dann mein Sys­tem dazu ve­r­anlaßt zurück­zumelden, daß let­zten Endes auch diese Er­fahrung nicht das „ul­ti­ma­tive Glück“ gewe­sen ist. Und in­s­ge­samt wird womöglich eine In­ter­pre­ta­tion da­raus, die be­sagt: Jede Er­fahrung endet in einem Kum­mer oder Schmerz.

(Spax 1.7.15)

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