Metaphern

3. Juli 2016 at 20:00

Märchen-Schmetterling_SNIP_ShortSwortCastaneda-Text1

All die Bilder, die die Zauberer benutzen, um energetische Zusammenhänge zu beschreiben, die sie durch ihr „Sehen von Energie“ wahrnehmen, sind nichts anderes als Metaphern für bestimmte Wahrnehmungen. Als Castaneda beschreibt, er habe bei dem Erlebnis an der Brücke2 das Gefühl gehabt, wirklich zu sterben, ist mir das klargeworden. Silvio Manuel3 erklärt hierzu, daß Castaneda – und jeder andere, der durch dieses „Tor“ in das Unbekannte hineingeworfen wird – „zu Füßen des Eagle stünde“; und daß diese unerbittliche Kraft, die die Zauberer mit „The Eagle“ beschreiben, im Augenblick des Todes jedes Fitzelchen Bewußtheit aus einem herausquetsche. Das Ziel der Zauberer ist es deshalb, dem Eagle all deren Bewußtheit bereits zu Lebzeiten abzutreten (z.B. durch die Rekapitulation),4 so daß der Eagle diese Wesen dann passieren läßt in die „totale Freiheit“, wie die Zauberer ihre bewußte Transformation ins Nichtphysische bezeichnen.

Doch ich würde dasselbe Szenario mit gänzlich anderen Worten beschreiben, denn ich habe keinerlei konkreten 3D-Bilder für all dies Erleben, sondern ausschließlich meine Empfindungen und hierüber bestimmte Wahrnehmungen, die sich jedoch gänzlich auf einer abstrakten Ebene abspielen. Don Juan bedauert ja selbst diese bildhafte Form der Energie-Beschreibungen, die wohl zum größten Teil noch von den alten Zauberern5 herstammen und daher meines Erachtens auch in deren Konzept gehören. Er meint jedoch auch, es sei Energieverschwendung, für all diese Zusammenhänge neue Bilder oder Beschreibungen finden zu wollen, daher behelfe man sich nach wie vor mit dem Tradierten.

Don Juan wurde in der Seher-Tradition ausgebildet und weiß daher, was z.B. in deren Kontext mit dem „Eagle“ gemeint ist. Das wesentliche ist doch aber, daß jeder einzelne auf seinem Weg des Aufwachens jeweils seine eigenen Erklärungen für seine eigene Wahrnehmung finden muß, sonst kann er sein eigenes Erleben nicht durchdringen. Deshalb ist es meines Erachtens notwendig, all diese Begrifflichkeiten und Beschreibungen der Zauberer durch eigene Wahrnehmungen zu verifizieren oder eben durch eine genaue Prüfung zu verwerfen. Daher finde ich, ist es eine Notwendigkeit für jeden, der aufwacht oder aufgewacht ist, dies in seinen eigenen Worten zu tun. Ansonsten bleibt man auf der intuitiven Ebene stecken. Intuitiv kann jeder eine Vielzahl von Dingen wahrnehmen und „erahnen“; aber ein Gefühl von Begreifen, eines Aha-Erlebnisses, habe ich doch erst, wenn ich eben dies Vage, dies Intuitive mit meinen eigenen Worten in 3D ausdrücken, übertragen und somit in die Welt holen kann. Erst dann habe ich meine intuitive Seite mit meiner Ratio auch erfaßt und verbunden!

In dem Moment, in dem Castaneda also ins Unbekannte, in „das große Nichts“ geschleudert wird, hat er definitiv das Gefühl, er stürbe. Und das ist exakt der Eindruck, wenn man diesem Unbekannten, diesem Nichts gegenübersteht. Es ist definitiv ein Empfinden des Sich-Auflösens, welches wir mit „sterben“ assoziieren. Es ist gleichfalls exakt was geschieht, wenn wir aufwachen: „Etwas“ in uns, unsere bis dato gewohnte Persönlichkeitsstruktur löst sich auf. Aber der Mensch stirbt hierbei nicht physisch, sondern seine Energien richten sich neu aus, formen sozusagen eine neue Persönlichkeitsstruktur durch diesen Transformationsprozeß. Doch ich glaube durchaus, daß ein Mensch auch physisch hierbei sterben kann, wenn er eben energetisch-nervlich nicht entsprechend vorbereitet ist. Das ist ja der Grund, weshalb bei all diesen spirituellen Lehren die jeweiligen SchülerInnen auf dieses Ereignis adäquat vorbereitet werden; so daß sie genug innere Kraft und Energie gesammelt haben, um einer derartigen „finalen Begegnung“ standhalten zu können. Es ist in allen Lehren aller Kulturen immer der letzte Schritt vor dem Aufwachen, vor der „Selbst-Erkenntnis“: den Tod zu erleben, aber physisch nicht zu sterben.

Verstand-19_SNIP_geraltBei den Zauberern besteht das Energiesammeln, welches für eine derartige Transformation nötig ist unter anderem in der Rekapitulation.6 Und in allen anderen Lehren ist es – in anderen Worten und Beschreibungen – genau dasselbe, was man tut: Man setzt sich mit der eigenen Psyche auseinander. ’ Woher komme ich? Wohin gehe ich? Weshalb bin ich so, wie ich bin?, und: kann ich das ändern? Woher kommen meine Gedanken? Bin ich meine Gedanken? ] Wer bin ich?? Das ist grundsätzlich in sämtlichen brauchbaren Lehren jeweils die Kernfrage, die die SchülerInnen dazu bringt, in die Tiefe zu gehen und eigene Antworten für ihr Gewordensein zu finden. Und ganz wesentlich: nicht, um irgendein persönliches Trauma aufzuarbeiten, sondern mit dem erklärten Ziel, sich auf ein neues Denk-Paradigma hin auszurichten; immer, um zu erkennen, welchen Platz man selbst im Großen Zusammenhang einnimmt – oder herauszufinden, was genau dieser „größere Zusammenhang“ überhaupt ist oder darstellt.

Um den jeweiligen SchülerInnen eine entsprechende geistige Ausrichtung oder Grundlage für diesen Prozeß zu geben, haben beispielsweise viele solcher Lehren (ich denke hier unter anderem auch an die Geheimlehren des Mittelalters) als zu erstrebende Prämisse das „Rittertum“ gesetzt; bei den Zauberern und Anderen ist es die Beschreibung des „Weges des Kriegers“; in buddhistischen Zusammenhängen häufig „der Weg des Mitleids, des Buddha“. Selbst christliche Lehren haben diesen Ansatz. Doch weil das Christentum die „letztliche Heilserfahrung“ oder „Erlösung“ definiert als etwas, das ein anderer für uns erledigt (Jesus) und erst im Jenseits zu finden sei, taugt dieser Ansatz, wenn man es bei dieser Art der Interpretation beläßt, wenig als „Erleuchtungsweg“.7

Von daher ist es ein wenig schade, daß die Zauberer – wie auch fast alle anderen Lehren – ihre Bilder und Erklärungen über Jahrhunderte beibehalten haben. Denn das Aufwachen ist immer: etwas persönliches; und es kann ausschließlich durch die jeweils gefundenen eigenen Erklärungen verifiziert werden. Doch über Jahrhunderte haben diese Erklärungssysteme gut funktioniert, es gab für all die verschiedenen Gruppen keine Notwendigkeit, deren Begrifflichkeiten zu verändern, da alle ja in jeweils ihrem Verstehenskonzept unterwiesen wurden. Doch viele Bilder sind für eine breitere Allgemeinheit, die eben nicht in irgendeiner speziellen Gruppe unterwiesen wird, weder verständlich noch zugänglich. Da wir nun aber generell in ein neues Zeitalter des Verstehens und der Erkenntnisfähigkeit eintreten, werden entsprechend auch neue Herangehensweisen und Begriffe gefunden werden müssen.

Die Zauberer sagen, der Eagle wolle lediglich als „Futter“ unsere Bewußtheit, er sei nicht interessiert an unserer Person oder „Seele“. Hier sehe ich den Zusammenhang damit, daß es notwendig ist, ein aufrichtiges Leben zu führen, ein bewußtes: daß ich meine Entscheidungen in voller Verantwortlichkeit bewußt treffe, und wenn eine Handlung evtl. einen ungünstigen Ausgang hervorbringt, daß ich dies akzeptiere – eben weil ich weiß, weshalb ich mich für diese Handlung entschieden habe. Denn lebt man sein Leben auf diese Weise und trifft bewußte Entscheidungen, zu denen man steht – komme, was wolle –, so ist da kein Bedauern. Zudem habe ich stets den Vorteil, um all meine Entscheidungen sowie die Konsequenz, die sie nach sich zogen, zu wissen. Und wenn ich all dies vor mir selbst akzeptieren kann, hänge ich mich nicht im Nachhinein an irgendwelche „verpatzten“ Situationen oder versuche diese zu korrigieren.

Dualität_SNIP_johnhainSolange ich stundenlang in meinem Kopf permanent Diskussionen um Situationen führe, die bereits vergangen sind oder in der Zukunft liegen, verpasse ich stets mein Leben im Augenblick. Und das Leben im Augenblick ist immer und überall ein Bejahen desselben – ganz gleich, was sich grad findet vor meiner Nase. Nur wenn ich präsent bin in meinem Hier+Jetzt und ich mir in jeder Minute meiner Handlungen stets bewußt bin, erhält auf diese Weise der Eagle sein Futter in dem Moment, in dem ich sie ausagiere. Mit einem auf diese Weise „aufrecht“ geführten Leben – aufrecht vor mir selbst! – besteht keine Notwenigkeit für die desintegrierende Kraft unseres Todes, an unserem Bewußtsein zu knabbern, es aufzulösen. Denn hat man dem Eagle bereits alles zu Lebzeiten gegeben, und sehen wir uns im Tod dieser Kraft gegenüber, wäre da ein Nichts in uns, das der Eagle nicht mehr wahrnehmen kann. Dann ist kein Ringen mehr in uns, keinerlei Bedauern, kein Irgendetwas, an das sich unser Ego-Selbst noch klammern würde. Es ist das, was die Buddhisten als „die innere Leere“ beschreiben; es ist das Abschalten des permanenten inneren Dialoges; es ist das Fallen in die innere Stille, die auf der Persönlichkeitsebene keine Angriffspunkte mehr liefert.

Dieses „Nichts“ kann umschrieben werden als „ohne Begehren sein“. Castaneda fürchtet das Nichts deshalb so sehr, weil er seine Ich-Persönlichkeit, über die sich ein Mensch üblicherweise definiert, seine Zweitpersönlichkeit, noch nicht transformiert hat. Und sämtliches Begehren ist an diese Ersatzpersönlichkeit gekoppelt. Die Zweitpersönlichkeit besteht aus nichts anderem als unseren Begehrlichkeiten.

Dieses Erleben, das Castaneda in seiner Begegnung mit dem Nichts hat, ist gleichbedeutend mit dem, was Bashar8 über persönliche 3D-Begegnungen mit ETs sagt: deren Schwingung sei zu hoch für uns, zu intensiv, als daß wir dieser in unserer wenig bewußten Alltagsform begegnen könnten. Genauso wie Castaneda das Empfinden hat, sich in seiner Begegnung mit dem Nichts aufzulösen, so würden – sagt Bashar – unsere Nerven eine persönliche Face-to-Face-Begegnung mit den ETs nicht aushalten können. Wir würden platzen, sagt Bashar; und Castaneda beschreibt es bei seinem Erlebnis auf dieselbe Weise: „I was bursting.“9 Die Schwingungsdifferenz ist einfach zu groß – grad so, wie wenn ein 3D-Glas mit Schwingungen von einem hohen C malträtiert wird und dann ebenfalls platzt.

Auch die Beschreibung jener „Welt der parallelen Linien“, hinter der Eligio eine „World of Glory“10 gefunden hatte, nachdem er das Sigel der „Welt der parallelen Linien“ gebrochen hatte, ist ein Bild, eine Metapher für bestimmte Erlebnisse: Die „Welt der parallelen Linien“ ist eine gute Beschreibung für unsere duale Welt – eine Welt, in die man mit seiner Lebenskraft geht und die eine „große physische Anziehungskraft“ hat. Das „Brechen des Sigels der Dualität“ ist eine Umschreibung für das Aufwachen, weil die Wahrnehmung der dualen Welt nun in etwas anderes transzendiert ist. Man erkennt hierdurch die Gleichrangigkeiten von Allem, was Ist und daß die duale Ausrichtung unserer Welt lediglich eine bestimmte Vereinbarung ist. Transzendiert man die herkömmliche Wahrnehmung und „bricht das Sigel“, wacht man also auf und findet Einheit (Glory).

Weshalb ist mir denn dieser ganze Zusammenhang nicht schon viel früher bewußt geworden? Daß all die Bilder, das Sehen der Zauberer, im weiteren Sinne Metaphern sind – so wie eben alle Beschreibungen und Bilder immer nur Metaphern sein können für eine bestimmte Wahrnehmung oder Empfindung. Bilder und Worte sind immer nur der Versuch, ein inneres Erleben greifbar und verständlich zu machen – für mich selbst, ggf. auch als Anregung für andere. Es ist immer der Versuch, ein inneres Erleben, welches mit Worten nicht zu beschreiben ist, auf einer 3D-Ebene zu teilen. Würden wir uns allesamt der Telepathie bedienen, sämtliche Worte und Bilder wären überflüssig.

Siehe auch den Beitrag vom 6.7.16: Die Erkenntnis des Verstehens.

(Spax  3.7.16)

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Fußnoten

  1. Dies ist ein Beitrag, der sich auf die Schriften Castanedas bezieht. Möglicherweise ist der Beitrag daher nur verständlich, wenn man mit dessen Schriften vertraut ist (siehe Bücher); denn die spirituellen Lehren dieser Zauberer folgen einer ganz eigenen Herangehensweise, wobei sie sich entsprechend einer eigenen Terminologie bedienen. Da die Lehren sehr komplex sind, ist es mir an dieser Stelle leider nicht möglich, diesbezüglich in Kürze sämtliche Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen.
    Don Juan war der spirituelle Lehrer von Castaneda. Die Gruppe der Seher um Don Juan bezeichneten sich häufig als „Krieger“ oder „Zauberer“.
  2. Es handelte sich hierbei um eine Art Test, ob die SchülerInnen von Castanedas Gruppe in der Lage wären, die volle Wucht einer transformierenden Schwingung auszuhalten. (Carlos Castaneda: The Eagle′s Gift, S. 215 ff.)
  3. Silvio Manuel war ein Zauberer aus Der Gruppe von Don Juan.
  4. Ein Verfahren, sich an sämtliche Begebenheiten seines Lebens bis zum aktuellen Zeitpunkt zu erinnern. (Siehe Lexikon: Rekapitulation.)
  5. Wie bei Castaneda beschrieben, existierten die Zauberer bereits seit Jahrtausenden. In der Linie der Zauberer, wie sie von Don Juan beschrieben wird, gibt es eine Teilung, derzufolge die „alten Zauberer“ bis zur Invasion der Spanier in Mexiko (1519–21) wirkten. Durch die umfassende Zerstörung ihrer Kultur entwickelten die „neuen Zauberer“ andere Ansätze und Techniken sowie ein neues Grundverständnis ihrer Lehre.
  6. Dies ist eine Methode der Zauberer, sich sämtlicher Fremdenergie zu entledigen, die wir insbesondere während der Interaktion mit unseren Mitmenschen ansammeln. Den Zauberern zufolge ist ein Großteil unserer Energie an die Interaktionen gebunden und steht uns daher nicht mehr zur Verfügung. (Weitere Ausführung siehe Lexikon)
  7. Ich sage nicht, es sei unmöglich, auch über das Christentum zur Erleuchtung zu gelangen, sondern daß dieses Glaubenssystem in seiner institutionellen Ausrichtung dazu angelegt ist, ebendies zu verhindern.
  8. Bashar ist eine von Darryl Anka gechannelte Entität, die auf Essassani/Eshakani beheimatet ist.
  9. Carlos Castaneda: The Eagle′s Gift, S. 217.
  10. Carlos Castaneda: The Eagle′s Gift, S. 214 f.