Körperwissen

5. April 2017 at 01:44

Fischotter_SNIP_NatunikaSocrates: Du bist dein Körper!1 Dein Körper!!! Das bedeutet es, aufgewacht zu sein: in seinem Körper zu sein. Dann wird das Aufwachen nicht mehr zu einem Wunsch, „sich auflösen zu wollen“, denn jeder Wunsch impliziert eine Getrenntheit: ein Exhibit A begehrt ein Exhibit B. Wenn ich aber Bewußtsein bin und Bewußtsein alles ist bzw. alles aus Bewußtsein besteht, so wechselt das Bewußtsein nur die Form, schaut aus verschiedenen Blickwinkeln. Daher kann es sich genauso mit dem Alles-was-Ist-Bewußtsein verbinden, wie mit einer Ameise oder einer Galaxie. Deswegen können wir auch sagen – so wie in den Roxie-Videos2 vorgeschlagen –, daß wir selbst „Gott“ sind, Alles-was-Ist. Das Bewußtsein ist der jeweilige Zustand und die damit verknüpfte Erfahrung. Es ist zeitgleich alles und nichts.

Trotzdem ist es ein total abgefahrener Gedanke, zu denken „Ich bin mein Körper“; weil es nämlich exakt so ist, wie Socrates es beschreibt: Wir haben stets das Gefühl und unterliegen dem Glauben, wir seien irgendetwas Insubstanzielles, was unseren Körper bewohnt und steuert – etwas Getrenntes vom Körper. Deswegen behandeln wir ihn auch so, als Ding, als etwas, das außerhalb ist von uns. Wir be-leben ihn garnicht. Und genau das ist der Punkt: Alle Gedanken, alle Gedanken über oder an etwas sind eine Behinderung, sind ein Stolperstein, sind unsere Identifikation. Aus diesem Grund ist es auch so vorteilhaft, den Körper wach zu halten. Die Meditation ist ein Eingangstor für unsere Verbindung mit unserem Körperwissen. Den Körperimpulsen folgen, nicht den Gedankenimpulsen. Wie kann ich denn beispielsweise am Vortag schon entscheiden, daß ich am Folgetag spazieren gehen möchte? Das ist doch bereits eine Entscheidung über mein Körperwissen hinaus!

Wer oder was ist es also, der all diese Entscheidungen trifft, z.B. Impulsen zu folgen oder eben ihnen nicht zu folgen? Gedanken sind das, die mit irgendeiner Annahme eines „Ich“ verknüpft sind. Unterm Strich muß man alle Entscheidungen dem Körper überlassen, wenn man Eins sein will mit ihm. So wie Babys, die, wenn sie schreien, mit dem ganzen Körper vibrieren, die Bärenkräfte haben, wenn sie sich an einem Finger oder sonstwo festhalten, weil sie ganz und gar der Ausdruck ihres Körpers sind, eine Einheit bilden. Wer oder was in uns trifft all diese Entscheidungen, wenn nicht unser Mind, unsere Gedanken, unsere Glaubenssätze?! Doch wenn ich ohne Ausnahme meinen Körperimpulsen folge, so wird der Mind ausgehungert und jede einzelne Entscheidung für mein Handeln wird über mein Körperwissen ausagiert.

Wenn man ein Gefühl für das Nichtdenken, für die innere Stille gewonnen hat durch Meditation, wenn man gelernt hat, den unaufhörlichen inneren Dialog auszuschalten, kann man diesen Zustand auch ins Alltagsleben übernehmen. – Stets wachsam! Stets wachsam auf Worte, die sich ohne mein Zutun in mir formen, auf Gedanken oder Überlegungen, die sich heimlich wieder einschleichen wollen.

Frage-Antwort-2_SNIP_geraltDie andere Frage, die ich neulich hatte: Wo überhaupt findet Lernen statt? Ich meine jetzt nicht das intellektuelle Lernen von Schulaufgaben oder all das Theoretisieren, welches die Domäne unserer Kopfgedanken ist, sondern wahrhaftiges Begreifen. Naja, das ist nichts anderes als die Sache mit den Entscheidungen, denn Lernen und Begreifen erfolgt ebenfalls ausschließlich über unsere Körpererfahrungen. Ich habe immer erst ein Aha-Erlebnis, wenn ich etwas selbst ausagiert habe, nicht indem ich hypothetisch über irgendetwas nachdenke. Daher trainieren wir Sachen, damit sie sich als Erfahrungen festsetzen in unseren Körpern. Das ist Weisheit. Denn in all diesen Körpererfahrungen liegt Erkenntnis: Wenn der Körper begreift, hat gleichzeitig der ganze Mensch begriffen. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob es sich um Fertigkeiten oder Fähigkeiten handelt wie mit Messer+Gabel zu essen, einen Rennwagen zu steuern oder wach in unseren Träumen zu sein.

Aber hier schließt sich doch genau eine weitere Frage an, denn wenn ich z.B. beim meditieren solch ein „körper-loses“ Empfinden habe, oder wenn ich meine Träume steuere, aber mein Körper schlafend im Bett liegt, oder wenn die Zauberer letztlich ihre Körper transformieren – in was eigentlich? in Licht oder Bewußtheit –, so empfinde ich all diese Erlebnisse ja genau als etwas „Insubstanzielles“, weil ich in diesen Momenten ja offenbar nicht wirklich mit meinem 3D-Körper als solchem verbunden bin – so fühlt es sich jedenfalls an. Deshalb scheinen all diese Übungen unseren Eindruck, wir seien eine Seele oder ein Geist in einem Körper, ja noch zu verstärken.

„Bewußtsein“, „Seele“, „Higher Self“, „Energie“, „Schwingungen“ – alles Begriffe, die keine Substanz zu haben scheinen, und doch kann man die Auswirkungen spüren oder erleben, die mit derlei „unsichtbaren“ Energien zu tun haben. Genauso wie wir die Auswirkungen all der anderen „unsichtbaren“ Dinge spüren, die uns ebenfalls umgeben: Bakterien, Viren, Atome usw., die wir im Gegenzug jedoch für etwas Dinghaftes halten.

Man kann überhaupt nichts wissen, solange man nicht verbunden ist und eins. Aber was genau soll eine Einheit werden?? Kann man überhaupt „getrennt“ sein? Nein, kann man nicht, denn Bewußtsein ist und bleibt Bewußtsein. Nur unsere Gedanken, deren Auswüchse, Gebilde und Vorstellungen, die sie kreieren, gaukeln uns diese Form einer Lightshow vor. Untendrunter sind wir immer und überall eine Einheit, untrennbar, unzerstörbar, Bewußtsein. So betrachtet wird deutlich, in was für einer riesigen virtuellen Welt wir leben. Es ist genau, als wären wir in eine von uns kreierten Computerwelt hineingesprungen und halten nun diese für real, weil eben all unsere Vorstellungen und das Einüben oder Umsetzen des „Was wäre wenn…“, durch das ich in eine bestimmte Rolle oder Vorstellungswelt schlüpfe, nun vollkommen lebendig ist in uns. So flexibel sind wir, ist unsere Vorstellungskraft: Wir haben die Macht, ein perfektes Leben, Lebensgefühl und unseren Ausdruck in etwas triviales oder künstliches umzuwandeln, das allein unserer Vorstellung entspringt – und wir halten es für real! Das ist doch der beste Witz ever, oder?

(Spax  5.4.17)

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Fußnoten

  1. „Socrates“ war der Spitzname des spirituellen Lehrers von Dan Millman.
  2. Roxie ist ein Open Channel und channelt verschiedene Wesenheiten (hier ihr Videokanal).