Empfindungen des Verbundenseins
Bezüglich dessen, was ich gestern geschrieben habe, ist es wesentlich, das jeweilige Leben und alle Situationen, die mir begegnen, auszukosten. Denn dies ist mein Leben, nicht all die anderen parallelen Stränge, die ich vielleicht noch wahrnehme. Denn die jeweils aktuelle Wahrnehmung macht mein aktuelles Erleben aus, ist am intensivsten.
Ist es „intensiver“ oder „relevanter“ mit oder ohne einem Körper? Ich frage mich das, weil ich viele meiner intensivsten oder berauschendsten Momente eher in einem meditativen Zustand hatte. Worin liegt der Unterschied? Es ist eine andere Handlungs- oder Erlebensebene. Aber ich kann ja nicht sagen, das eine wäre relevanter als das andere. Das eine zieht mich nach innen (Traumzustand), das andere nach außen (Alltagsbewußtsein).1 Es scheint fast unmöglich, diese beiden Zustände überein zu bringen, und doch ist es möglich. Eine Vereinigung beider Zustände resultiert in dem Jetzt-Gefühl.
Das Jetzt-Gefühl ist unabhängig von allem, was im Außen ist, es ist die innere Verbindung mit und zu meinem Leben und derjenigen Sache, die ich grad tu′. Hierbei ist der „meditative“ Zustand eingebaut, welcher innerlich alles so schön verlangsamt und insgesamt eine Betrachtung der Welt zur Folge hat. Dann gibt es aber auch den eher „aktiven“ Zustand des Verbundenseins, der ein Empfinden von „vorwärts“ oder auch einer Art „Dringlichkeit“ beinhaltet, wobei ich meine innere Kraft ins Tun lenke; meine Augen und mein Blick sind dann als würde ich Pfeile abschießen.
Welcher der beiden Zustände ist „relevanter“? Aber ich glaube, so kann man das nicht formulieren, denn es sind beides Zustände des Verbundenseins. Viel wahrscheinlicher ist, daß es auch im verbundenen Zustand Phasen gibt für Aktionen und Phasen der inneren Sammlung. Doch beiden Zuständen liegen auf jeden Fall Handlungsimpulse zugrunde; und als „Handlung“ gilt hier ebenso, sich zur Meditation oder einem „Nichtstun“ hinzusetzen. Wesentlich ist weiterhin, daß im verbundenen Zustand der jeweilige Impuls weder angezweifelt noch diskutiert wird – ich folge ihm einfach, weil ich verbunden bin. Solange, wie ich mich hierbei frage „Was mache ich hier eigentlich gerade? Wozu dient das? Was wird das Ergebnis sein?“ etc., nehme ich den Impuls als „Handlungsvorschlag“ wahr und weiß: Ich bin nicht wirklich verbunden. Verbunden ist man nur, wenn die Handlung ein direktes Antworten auf den Impuls darstellt, wenn das Automatik-Geplapper der Kopfgedanken schweigt.
Im verbundenen Zustand erhalte ich zwar ebenfalls Erklärungen, doch diese haben nichts mit unseren gewohnten Logik-Ketten zu tun, sondern steigen in uns auf wie Blasen. Vom Körpergefühl findet dies eher im Bauch statt als im Kopf. Der Kopf dient lediglich als Empfänger, als Bereich, wo meine Worte und Begrifflichkeiten hausen, mit deren Hilfe ich die aufsteigenden Erklärungen in Worte übersetzen kann, damit die Erklärungen für mich einen Sinn ergeben. Wir unterliegen der Fehlannahme, unsere herkömmlichen Automatik-Gedanken würden uns irgendetwas erklären, doch das tun sie nicht; sie halten sich lediglich an bereits Bekanntem, Definiertem fest und drehen sich endlos um sich selbst.
Ein interessanter Aspekt: Unsere Kopfgedanken sind nicht in der Lage, etwas Neues hervorzubringen! Denn eine wirklich neue Erfahrung oder Erkenntnis entsteht entweder über Impulse, die mich in unbekanntes Terrain ziehen oder über „Wunschvorstellungen“, über das Träumen, das ebenfalls mit einem Wohlgefühl im Bauch einhergeht. Unsere Kopfgedanken sind wie ein Sack, angefüllt mit angesammelten Begriffen, die aus diesem Sack nicht herauskönnen und daher wahllos aneinanderstoßen – ohne Sinn und Verstand. Doch leider haben wir uns zur Gewohnheit gemacht, unseren Fokus auf diesen Sackinhalt zu legen. Über die Faszination mit unseren eigenen Begrifflichkeiten haben wir total vergessen, daß wir selbst es sind, die diesen Sack geschultert haben…
Fußnoten
- Siehe Lexikon für „Traumzustand“ und „Alltagsbewußtsein“.
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