Ein kalter Hauch
Traurig – nicht „wegen“ irgendetwas, sondern weil die Traurigkeit ebenfalls zum Gesamtbewußtsein gehört und ebenso überall im Universum zu finden ist wie die Freude. Und genausoviele Tränen, die wir nicht geweint haben, gibt es Lacher, die wir nicht gelacht haben. Öffnet man sich, wird alles gleichermaßen freigesetzt. – Es ist, als würde ich jene desintegrierende Kraft1 spüren – wie sie mit einer ungeheuerlichen Wucht auf mich, uns, den menschlichen Körper bzw. das menschliche System, einwirkt. Crushing. Zerstörend, auflösend. Aber so muß es sein, damit etwas neues entstehen kann. Nicht nur all jene Dinge loslassen, die man nicht mag und die so zahlreich sind, sondern – und eher sind hierfür unsere Tränen – alles, was so wunderwunderschön ist, all die Liebe, aus der alles besteht; die Liebe meiner Mitmenschen, die Liebe der Erde, dieses zauberhaften Planeten; die Liebe selbst all jener, die ich weder sehen noch spüren kann; die Liebe von Tieren und Pflanzen. Das Wunder Mensch, das Wunder Erde, den Zauber von 3D – alles loslassen… Das ist ein wenig traurig auch, selbst wenn es zeitgleich auch wunderschön ist, auf diese Transformation zuzulaufen.
Jenes Gefühl von Traurigkeit kommt auch immer dann auf, wenn sich Aspekte von mir neu sortieren in mir. Eine desintegrierende Kraft, die unaufhörlich auf uns bläst wie ein zarter aber eiskalter Lufthauch; so fühlt sich das an. Und nur dadurch, daß diese Kraft stetig auf uns einwirkt, verschiebt sich etwas in uns.
Wir sind insgesamt so störrische Wesen, daß es scheint, wir bestünden ausschließlich aus unseren Gewohnheiten. Freiwillig verändert niemand auch nur das geringste Jota an sich selbst. Doch dadurch, daß stetig jene desintegrierende Kraft auf uns einwirkt und jener fortgesperrte Teil in uns dieser Kraft stets antworten möchte, entsteht ein Spannungsverhältnis, das man als Zug empfinden kann. Über dieses Drängen von Innen nach Außen sagt Don Juan,2 wir hätten eine Kraft in uns, die stets dem Tode zustrebt; und genau dies ist die Kraft, die antwortet. Daher tragen wir sie zeitgleich beide in uns, diese Kräfte: die Leben verleihende sowie die Zerstörerische bzw. „Leben transformierende“ könnte man sie präziser nennen.
(Spax 18.6.14)
Fußnoten
- Ein Aspekt, der bei Castaneda beschrieben wird.
- Spiritueller Lehrer von Castaneda. (siehe Inspiration: Bücher)
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